Freitag, 8. Dezember 2006

Gesichter zeigen

Was mache ich hier eigentlich? Die Frage stellt man mir in letzter Zeit haeufiger. Zu Recht, denn bisher habe ich noch nicht allzuviele Worte darueber verloren, was hier meinen Alltag fuellt.

Es ist also an der Zeit, Gesichter zu zeigen!
Mein foyer, die Chaumière. Auch wenn Namen Schall und Rauch sein moegen, ich will sie alle mit Namen nennen: Anne, Chantal, Michelle, Francis, Soline, Annie, Nathalie, Claire, Patrick, Brigitte, Chantal, Martine, Jacques, Laura et Caterine.

Ich bin gerade mal drei Monate hier, aber mit all diesen Namen verbinde ich bereits etwas. Das ist ein schoenes Gefuehl. Groesztenteils:)

7 Uhr 44 Wecken. 7 Uhr 45 Arbeit.
Ein typischer Werktag beginnt entweder mit dem Klingeln meines Weckers zwischen sechs und sieben Uhr. Oder mit dem etwas lauteren Klingeln des Feuerwehrnotrufs. Dieses vorsintflutliche Benachrichtigungssystem, keine fuenfzig Meter von unserem foyer am Rathaus angebracht, besitzt den Charme eines Fliegeralarms aus dem zweiten Weltkrieg - vor allem um fuenf Uhr morgens.

Da die Personen in verschiedenen Betrieben und Einrichtungen arbeiten, beginnt mein Arbeitstag entweder um 7 Uhr 15, oder um 7 Uhr 45. Je nachdem, mit welchen Personen ich fruehstuecke.
Mein Weg zur Arbeit ist nicht sonderlich lang. Zwei Treppen. Das ermoeglicht es mir, im seltenen Falle totaler Uebermuedung, wirklich jede Minute Schlaf auszunutzen. 7 Uhr 44 Wecken. 7 Uhr 45 Arbeit.

Bin ich ersteinmal unten angekommen, strumpel ich zum Planning, um mir die Aufgaben fuer den Tag anzusehen. Manchmal bekomme ich dann einen kleinen Schreck, weil ich einen Transport fahren muss und schon fast zu spaet dran bin. Manchmal will ich den Schreck verhindern, stehe extra frueh auf, fall die Treppe nach unten, schaue auf das Planning, stelle fest, dass ich noch eine Stunde schlafen kann und versuche das dann vergebens.

Fruehstueck. Spaetestens beim Austeilen der Medikamente bin ich vollkommen wach. Aus Gruenden des gesunden Menschenverstandes. Giftnotruf ist uebrigens die 17.

Busfahrer Kersten
Einige Personen werden von Assistenten unserer communauté zur Arbeit gebracht. Ein bis zweimal die Woche stehe ich also um ca 6 Uhr 30 auf, um eine Stunde spaeter in einen groszen Transporter - Neunsitzer - einzusteigen. Die Route, die ich fahre war nicht ganz leicht zu merken. Aber mittlerweile habe ich keine Schwierigkeiten mehr - auch wenn manche Personen grundsaetzlich der Meinung sind, ich sei zu spaet dran ;)

Hausmann gesucht?
Um 9 Uhr bin ich dann wieder in Hauterives. Stehen keine anderen Zusammentreffen, Termine oder Einkaeufe an, bin ich dann wieder im Foyer. Man koennte auch sagen, meine Weiterbildung zum perfekten Hausmann. Ich sauge Staub, ich wische, ich putze die Toiletten, ich mache die Waesche, ich buegel und ich koche. Jemand interessiert an mir?

Ja, Mutter, ich weisz die letzten zwanzig Jahre jetzt zu schaetzen.

Sieste
Um 12 Uhr ist Mittag, danach Mittagspause. Die sogenannte sieste sollte man nicht unterschaetzen. Nachdem ich gemerkt habe, dass in Frankreich ein Groszteil der Geschaefte von 12 bis 14 oder sogar 15 Uhr geschlossen hat, habe auch ich entschlossen, diese Pause sehr ernstzunehmen. Unsere Sofen (oder Sofas) sind dazu durchaus geeignet.

Nachmittag
Von 14 bis 17 Uhr habe ich frei. Die meisten anderen Assistenten auch und so machen wir recht hauefig etwas zusammen. Nichts groszartiges, aber ein Kaffee in Romans ist schon ein guter Ausgleich.

Ab 17 Uhr kommen die Personen dann von der Arbeit zurueck. Man isst eine Kleinigkeit zusammen, die Personen regeln ihre Sachen wie Waesche, Aufgaben im Haus usw.

Kochen fuer Zwoelf
Wenn ich mit Kochen an der Reihe bin, schnappe ich mir die Person, die ebenfalls fuer das Kochen eingeplant ist und dann wird fuer 19 Uhr ein warmes Abendessen gezaubert. Das ist fuer 12 Personen nicht immer ganz einfach was die Quantitaet betrifft, aber meine Leute haben ein gutes Herz...

Das allabendliche Essen ist jedes Mal ein wichtiges Ereignis. Dort ist wirklich das ganze Foyer zusammen, es gibt genaue Ablaeufe - und es wird viel gelacht :) Eine genauere Beschreibung wird bei Gelegenheit folgen.

Nach dem Essen hat jeder im Foyer seine Aufgabe: Abwasch, Abtrocknen, Geschirr wegrauemen, Kueche und Esssaal fegen. Das ganze nimmt nicht wenig Zeit in Anspruch, denn der gesamte Abwasch wird bei uns von Hand erledigt.

Danach finden sich die meisten von uns im Wohnzimmer ein. Es wird gespielt, fern gesehen oder Briefe geschrieben. Manchmal werden auch Freunde aus anderen Foyers oder der communauté eingeladen.

Feier, Abend
Spaetestens um 22 Uhr schicken wir unsere Schuetzlinge dann ins Bett. Wann auf den Zimmern das Licht ausgeht, ist verschieden. Es zu kontrollieren ist aber nicht noetig, man sieht es demjenigen am naechsten Morgen eh an. Mir geht es da nicht anders.

Das ist auch der Zeitpunkt, an dem fuer einen von uns die réference de sécurité beginnt. Wenn wir nett sind, bleiben wir mit demjenigen im Foyer und trinken einen Wein zusammen. Aber in den anderen Foyers gibt es ja auch solche armen Leute, die dort bleiben muessen. So trifft man sich immer mal wieder in einem anderen Foyer und laesst den Abend ruhig ausklingen...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo mein Kerst,
ich freu mich sehr, dass du nun das Hausfrauen- oder manndasein zu würdigen weißt, und du wirst nie wieder abhängig von einer Frau sein ;). Ich hab doch immer gesagt, es ist eine Arbeit, die man nur sieht, wenn sie nicht erledigt wird.
Ganz liebe Grüße
Mama

Anonym hat gesagt…

Wir stellen fest: Auch als Zivildienstleistender ist man vom Stuben- und Revierreinigen nicht gefeit. ;)