Montag, 3. September 2007

Nächstes Kapitel

Meine Notizen sind beendet. Ein Jahr ist vergangen.

Wer an dieser Stelle nach einem schönen formvollendeten Résumé sucht, der möge mir doch Bescheid geben, sobald er es gefunden hat. Denn ich bin nicht in der Lage, ein solches zu formulieren.

Das gelang mir schon nicht, als ich meine Abschiedsworte in das livre d'or, dem Gästebuch der Chaumière, schrieb. Das gelang mir auf der langen, zwei Tage währenden Rückreise nach Deutschland immer noch nicht. Und es gelingt mir auch heute nicht, wenn mich ein lange nicht gesprochener Bekannter fragt: Na, wie war es?

Es war nicht irgendein Jahr. Selbstverständlich nicht. Es war aber auch nicht nur ein Jahr Zivildienst. Oder ein Auslandsjahr. Oder ein fall out year. Oder ein Jahr, in dem man Erfahrungen macht. Oder ein Jahr mit geistig Behinderten. Oder ein Jahr, in dem man reift. Oder ein Jahr, in dem man viel gelernt hat. Oder ein Jahr, in dem man einmal über den eigenen kulturellen Tellerrand gesehen hat. Oder ein Jahr, in dem man viele Freunde gewonnen hat. Oder ein Jahr, in dem viel passiert ist.

Es ist von allem etwas. Doch vor allem war es mein Jahr.

Diese Notizen, die zu meiner eigenen Verwunderung mal häufiger und mal weniger häufig ihren Weg vom Kopf auf das digitale Papier geschafft haben, sind hier mit beendet. Meine schreiberische Stille war durchaus nicht auf Ideenmangel zurückzuführen. Ich habe noch eine ganze Liste mit dazugehörigen Photos, die einmal zu Artikeln werden sollte. Doch wenn das Schreiben nur ein Hobby und noch kein Beruf ist, dann stellen sich manchmal andere Dinge in den Vordergrund.

Das nächste Kapitel wartet darauf, aufgeschlagen zu werden.

Wo ich es aufschlage, steht bereits fest: Es beginnt in einer kleinen und sympathischen Wohngemeinschaft in einem Studentenwohnheim in Darmstadt.

Mit welchen Geschichten es sich füllt, wird sich zeigen.

[Nachtrag vom 19. Oktober 2007]
Über einen Monat ist nun auch seit diesem Eintrag vergangen. Und es gibt Neuigkeiten! Das nächste Kapitel ist erfolgreich aufgeschlagen. Wir sind zu zweit, studieren zusammen und sind Nachbarn: Karlshofjournalisten.

Dienstag, 15. Mai 2007

Langsam fahren: Liegender Polizist

Wer sich in den französischen Straßenverkehr begibt, lebt gefährlich. Das nicht nur, weil auf der Autobahn ein grob geschätztes Drittel konstant linksblinkend auf der Rechten Seite fährt. Auch die mehrspurigen Kreisverkehre sind nicht der einzige Grund. Diese sind meiner Meinung nach sogar deutlich vorteilhafter als die Straßenkreuzungen. Dort mangelt es erheblich an Vorfahrtsschildern.

Viel gefährlicher erscheinen mir hingegen Eselsrücken und herumliegende Polizisten.
Diese ausgesprochenen Ärgernisse liegen einfach so auf jeder Straße. In jedem noch so winzigen und unwichtigen Dorf. Und wenn man sie wie gewohnt mit 60 bis 70 km/h überfährt, streichelt man sanft die Bodenwanne. Auch wenn der Gedanke, einen schlafenden Polizisten auf diese Art und Weise zu wecken, dem einen oder anderen Leser gefallen mag. Es handelt sich hierbei doch eher um französischen Humor, als um tatsächliche Lebewesen.

Bremsschwellen, in meiner Heimat auch „Huppel“ genannt, scheinen in Frankreichs Straßenbauämtern absolut in Mode zu sein. Die Franzosen selbst kümmert das wenig. Sie nehmen die Hindernisse mit Anlauf und Sarkasmus -- und überfahren skrupellos dos d'âne und gendarme couché.

Samstag, 5. Mai 2007

Artikel im zuender

Nachdem ich meinen Artikel Kopfwahl noch einmal überarbeitet habe, wurde er heute im zuender, dem Netmagazin der ZEIT, veröffentlicht.

Hier geht es direkt zum Artikel:
Wähl mich! Nein mich!

Montag, 30. April 2007

Die Brücke

Hattet ihr heute die Brücke? Ich hatte sie nicht. Dafür aber fast alle Personen meines Foyers... Brücke? Wieso haben wir es jetzt über Brücken? Über Brücken? Überbrücken! Richtig!

Morgen ist Feiertag und da diese gesetzliche Freizeitverordnung auf einen Dienstag fällt, wäre es doch schade, wenn man zwischen Wochenende und dem Tag der Arbeit tatsächlich noch schuften müsste. Der Tag wird überbrückt.

Die Personen haben also einen Tag Urlaub genommen, oder wie man hier sagt: Die Brücke gemacht. Wenn meine zu betreuenden Personen nicht zur Arbeit gehen, bleiben sie zuhause. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ich habe zu arbeiten! Da kann ich nur froh sein, dass hier keiner ein Viadukt macht -- das ist dann nämlich alles, was über einen Brückentag hinaus geht.

Samstag, 21. April 2007

Kopfwahl

[Anmerkung: Dieser Artikel wurde in abgewandelter Form unter dem Titel "Wähl mich! Nein mich!" am 5. Mai 2007 im zuender, dem Netmagazin der ZEIT, veröffentlicht.]

Claire öffnet einen großen Briefumschlag. Pünktlich zur Wahl des französischen Präsidenten präsentieren sich die zwölf Kandidaten per Werbesendung im Briefkasten. Alle eingetragenen Wähler haben diese politischen Poster in den letzten Tagen erhalten. So auch Claire. Nach und nach entfaltet sie einen potentiellen neuen französischen Präsidenten. Über ihrer Schulter ein neugieriges Gesicht: „Sind das die Kandidaten für die Wahl?“, fragt Amélie.

Claire dreht sich um, der aufgeregten Stimme zu antworten: „Ja, genau. Und weißt du schon, wen du wählen wirst?“

„Ja, also ich schwanke noch zwischen drei Kandidaten: Ségolène Royal, Olivier Besancenot und Philippe de Villiers.“ Claire stutzt einen Moment lang. Royal, Besancenot und de Villiers? Die erste ist Sozialistin, der zweite gehört zur extremen Linken und der andere zur entgegengesetzt extremen Rechten. Amélies Favoriten stammen nicht einmal annähernd aus dem selben politischen Lager. Das muss sie ihr erklären. Auf die Frage nach ihren Kriterien antwortet Amélie: „Also zunächst schau ich mir das Foto des Kandidaten an. Wenn mir sein Gesicht gefällt, dann höre ich mir sein Programm im Radio an und lese in den Zeitungen.“

Amélie steht unter eingeschränkter Vormundschaft und hat somit das Recht, zu wählen. Am Sonntag wird sie wie die meisten eingetragenen Franzosen zur Wahl gehen. Das ist ihr wichtig. Jeden Morgen hört sie im Radio die Nachrichten, in den letzten Wochen vor allem Interviews und andere Beiträge zu den Präsidentschaftswahlen. Da Amélie ein sehr offener und kontaktfreudiger Mensch ist, lässt sie sich jedoch leicht von netten Stimmen und schönen Bildern leiten. Nicht selten übernimmt sie unreflektiert eine Meinung, die sie irgendwo aufgeschnappt hat. Gerade das französische Fernsehen wirkt da wie Wasser auf die Mühlen. So kommt es, dass Amélie sich die Programme der Kandidaten, deren Gesichter ihr nicht sympathisch genug erscheinen, gar nicht erst anhört. Ein zweifelhaftes Kompliment an all die Werbeagenturen dieser Wahlkampagne.

In Claire regen sich in diesem Moment nicht nur ihre demokratisch-liberalen Ideale. Aber ist es eine gute Idee, einer geistig behinderten Person dieses Recht zu gewähren? Selbstverständlich! Denn für die Medienlandschaft kann auch Amélie nichts.

Selbst Claire fällt die Entscheidung nicht sehr leicht. Wie soll Amélie sich da in dieser manipulierenden Informationsflut zu Recht finden?

So schlägt Claire vor, einen Test im Internet zu machen. Auf der Seite monvoteamoir.fr (mon vote à moi – soviel wie „Meine eigene Wahl“) finden sich 35 verschiedene Standpunkte zu politischen Themen. Zu jedem Thema kann der Besucher entweder sein Einverständnis oder sein Ablehnen angeben. Am Ende vergleicht die Internetseite die Daten mit den Wahlprogrammen der Präsidentschaftskandidaten. So kann der Besucher erkennen, mit welchem Politiker er am ehesten übereinstimmt.

Amélie ist sofort sehr angetan von dieser Idee und so setzen sich die beiden vor den Computer. Während Amélie sehr emotional ihre Zustimmung oder ihr Entsetzen über die verschiedenen Thesen kund tut, versucht Claire neutral zu bleiben. Manchmal hat Amélie Fragen. Vor allem in Sachen Finanzpolitik kennt sie sich wenig aus. Claire probiert so objektiv wie möglich zu erklären. Fünfunddreißig Mal klickt der Zeiger auf dem Bildschirm. Am Ende präsentieren sich die Kandidaten aufgereiht in einer Rangliste. Ganz oben: Marie-George Buffet. Die Kandidatin der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF).

Amélie ist erstaunt. Niemals hätte sie sich mit dem politischem Gedankengut dieser Frau auseinander gesetzt. Ihr Gesicht gefiel ihr einfach nicht. Mit einem Mal steht sie auf und verschwindet. Als Claire sie einige Minuten im Wohnzimmer wiederfindet, ist Amélie dabei das Programm von Buffet zu lesen.

Mittwoch, 18. April 2007

Marche du Facteur

Zwei Bänder wehen im Wind. Ein gutes Zeichen. Wir sind auf dem rechten Wege, denn wir folgen dem gelben Band.
Wir wandern auf historischen Pfaden, quasi in den Fußstapfen des Facteur Cheval -- der mit dem Palais Idéal, ihr erinnert euch?

Einmal im Jahr wird in Hauterives der Marche du Facteur veranstaltet. Wandertouren verschiedener Länge werden angeboten, etappenweise Erfrischungen angeboten.

Wir hatten uns für die kleinste Version entschieden: Acht Kilometer. In gelb ausgeschildert. Über weite Felder ziehend, schmale ansteigende Waldpfade kletternd und Dschungelabenteuern entliehene Brücken überquerend -- so zogen wir durch Hauterives und Umgebung.

Wandern kann eine ziemlich lustige Angelegenheit sein mit den Personen. Wenn Lieder angestimmt werden, merke ich schon gar nicht mehr, wie schief eigentlich gesungen oder eher gebrüllt wird. Die Gesichter entgegenkommender Passanten sind jedoch aufschlussreich.

Wir wandern weiter. Manche Personen sind äußerst motiviert, teils zu motiviert und finden sich dann mit einem Mal zu Füßen der anderen wieder. Mit einem Lachen wird derjenige schnell wieder auf die Beine gebracht und wieder eingereiht. Andere wiederum fürchten sich ein wenig seitens eines seicht dahinfließenden Flusses. Dann hilft aber schon ein zur (eher psychologischen) Unterstützung gereichter Arm und es geht weiter. À propos Unterstützung: Francis war auch mit dabei. Jedoch auf Seiten der Organisation, als Parkplatzeinweiser. Eine entsprechende Zeichnung gab es morgens am Früchstückstisch.

Nach zweieinhalb Stunden wurden wir Punkt 12 Uhr vom Glockenschlag des Kirchturms in Hauterives zurück begrüßt. Übrigens: Im Gegensatz zu den von weit her angereisten Touristen war ich nur fünf Minuten später unter der Dusche.

Samstag, 14. April 2007

Zeichensprache

Heute war nichts mit lang ausschlafen. Obwohl Wochenende ist, stand ich bereits um sieben Uhr unter der Dusche. Unsere Praktikantin hatte mich nämlich engagiert, sie in aller Frühe zum Bahnhof zu bringen.

Ich schlich mich also leise aus meinem Zimmer, um meinen Zimmernachbarn Francis nicht zu wecken. Doch als ich unten im Esssaal ankam, sah ich, dass das gar nicht nötig gewesen war. Francis war nämlich schon lange vor mir aus dem Haus gegangen.

Francis hat nie Schreiben oder Lesen gelernt. Seinen Namen malt er aus dem Gedächtnis. Trotzdem teilt er uns immer mit, wo er sich befindet. Er hat seine eigene „Zeichensprache“. Wenn er einen Ausflug unternimmt (er ist der einzige unter den Personen mit einem eigenen Schlüssel für das Foyer und somit sehr selbstständig) holt er eine kleine Tafel hervor und hinterlässt uns eine Nachricht.

Also was meint ihr, wo ist Francis heute?

Montag, 9. April 2007

Rummel

Es ist dunkel heute. Trotz wolkenlosen Himmels und sommerwarmen Sonnenstrahlen gelangt kaum ein Quäntchen Licht in unser Foyer.

Der Grund ist ein großer Laster. Der steht nämlich direkt vor dem Fenster auf dem Bürgersteig. In dem Laster befinden sich viele kleine Spielzeugautos. Geländewagen, Rennautos, Trecker.

Daneben hausgemachte Dauerwürste, Schuhe, Hüte, Taschen und Tokio-Hotel-Fan-Shirts. Dazwischen schlängelt sich eine schwitzende Maße von angeblichen Schnäppchenjägern und anderem Fußvolk. Es ist Ostermarkt in Hauterives. Direkt vor unserer Haustür.

Als ich vorhin vor die Tür trat befand ich mich sofort in einem Stand. Und wurde natürlich auch prompt von potentieller Kundschaft angesprochen. Ich musste die Herren jedoch leider enttäuschen: „Tut mir Leid, ich kenne mich nicht mit Fensterisolation aus. Ich wohne hier nur.“


La foire [Photoalbum]

Donnerstag, 5. April 2007

Fußwaschung

Die Arche ist eine Organisation in katholischer Tradition. Das ist erst einmal nichts Schlimmes. Für einen kleinen nicht praktizierenden Protestanten heißt das aber: Viele viele neue Eindrücke. Vor allem zu Ostern.

Wir sind -- so habe ich erfahren -- in die semaine sainte, also die Karwoche, eingetreten. Die ganze communauté bereitet sich also auf Ostern vor. Und da so eine Karwoche ziemlich viel Programm mit sich bringt und man viel unterwegs ist, haben wir uns erst einmal gründlich die Füße gewaschen.

Der bibelfeste Leser weiß natürlich, dass es sich dabei weniger um Körperhygiene als vielmehr um einen symbolischen Akt handelt. Es ist ein Zeichen des gegenseitigen Respekts und Wertschätzung. In der Arche bekommt die Fußwaschung sogar noch einen weiteren Sinn. Es ist der Moment, an dem die Personen, die sonst die Hilfe von Assistenten erfahren, ihrerseits einen Dienst erweisen. Auch wenn nicht bei allen Personen sicher ist, dass sie den tieferen symbolischen Sinn begreifen, ist es doch eine besondere Erfahrung, von den Personen „gewaschen“ zu werden, denen man sonst selbst beim täglichen Duschen hilft.

Sonntag, 1. April 2007

Wochenendausflug

Wochenenden in der Arche sind ... anders. Normalerweise sind alle Bewohner des Foyers zuhause. Für uns Assistenten bedeutet das: Ständige Präsenz, keine Pause. Es kann Wochenenden geben, da schlaucht das sehr. Da gibt es Geburtstage vorzubereiten, Winterschlussverkauf zu überleben, oder sich mit dem großen Saubermachen zu vergnügen. Aber es gibt auch Wochenenden, da ist nichts Großartiges vorgesehen. Dann wird erst spät gefrühstückt (9 Uhr 30) und alles etwas ruhiger angegangen.

Scheint die Sonne, machen wir nicht selten einen kleinen Ausflug in die Umgebung. Dann kommt es vor, dass es eine der Personen ist, die einen Vorschlag macht: „Ich kenne da eine schöne Umgebung, wo ich mit meinen Freunden immer spazieren gehe“, hört man eine Martine sagen und findet sich eine viertel Stunde später mit allen Leuten im Auto wieder. So führt es uns an schöne Orte und ich lerne Stück für Stück die Umgebung kennen.

Zwar ist die Endstation nicht immer gleich der ursprünglichen Idee, aber zurück gefunden haben wir bisher immer.

Donnerstag, 29. März 2007

Torticollis

Manche Wörter lernt man wirklich nur, indem man sie erlebt. Den Torticollis zähle ich dazu.

Er kam anscheinend über Nacht -- ich hatte wohl die Tür offen gelassen. Er suchte mich in meinem Bett auf. Dort legte er seine Hände um meinen Hals und meine Schultern. Mit verkrampften Fingern blieb er dort. Bis zum nächsten Morgen.

Unfähig das Auto zu bewegen, habe ich mich zum Arzt fahren lassen. Mittwochs ist dort immer Sprechstunde ohne Termin. Das finden auch viele andere kranke Menschen interessant. Die Gelegenheit habe ich genutzt und drei Stunden im Wartezimmer geschlafen. Um anschließend drei Minuten beim Arzt vorzusprechen. Das hat etwas von Abfahrtsski.

Der Arzt hat mir dann attestiert, dass ich eine Torticollis habe. Das bedeutet, meine eine Schulter hängt tiefer als die andere und zudem kann ich den Kopf nicht bewegen. Hey! Das habe ich auch bemerkt! Geniale Beobachtungsgabe.

Die grüne Plastikkarte kam dann auch endlich mal zum Einsatz.

Konsequenz: Ich schlucke Schmerzmittel, vor dem Schlafen etwas, das mich innerhalb von 10 Minuten umhaut und eine Halskrause collier cervical (siehe Photo) und bin für eine Woche krank geschrieben (arrêt de travail). Draußen scheint die Sonne.

Montag, 26. März 2007

Schilder, Wald

Deutschland ist bekanntlich ein Schilderwald. Will heißen: Vor allem in Städten gibt es einfach zu viele Schilder auf einem Fleck. In Frankreich hat man sich etwas anderes ausgedacht. Dort kann schon ein Schild zu viel sein. Vor allem auf dem Land.

Wir befinden uns irgendwo (siehe Photo) zwischen Châteauneuf und St Donat auf einer verlassenen Straße. Von ihr geht eine noch verlassenere Straße ab und führt... noch weiter aufs Land. Mit viel Glück kommt einem hier alle drei Tage ein Auto entgegen. Dennoch. Hier wird höchstens 45 km/h gefahren! Noch einmal in Worten: Fünf-und-Vierzig Kilometer pro Stunde.

Das Straßenschild tut mir Leid. Es muss sich schrecklich lächerlich und unbeachtet fühlen.

Sonntag, 18. März 2007

Auf französisch ist Frühling rosa



Fast überall dieser Tage,
auf den Feldern und in den Gärten,
blüht es rosa und weiß,
in den Frühling hinein.

Samstag, 17. März 2007

Geschweige denn ein Wort

Viel zu lange habe ich geschwiegen. Also raus mit der Sprache. Anfang des Monats war ich in Belgien, genauer gesagt in Spa. Den Mit-Bier-vor-dem-Fernseher-Sportlern sagt das jetzt etwas (Formel Eins) und den Geschichtslehrern ebenso (1918, deutscher Kaiser?). Außerdem kommt daher auch das wunderbare und von mir bisher niemals gekostete Mineralwasser. Ein so kleiner Ort von so großer Bedeutung. Da ist man erst einmal sprachlos.

Zusammen mit anderen Assistenten der Arche in England, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Irland haben wir uns dort versammelt -- und kein Wort gesagt. Auf französisch spricht man von einer retraite, im Englischen von einer retreat. Da ich das Rentenalter aber noch nicht erreicht habe, ging es weniger um Rürup-Riester, als eher um etwas Spirituelles.

Gemeinsam haben wir geschwiegen. Vier Tage lang. Für diejenigen, die ihre religiöse Spiritualität erkunden wollten, gab es reichlich Gelegenheit. Für diejenigen, die einfach so zu sich kommen wollten, oder einfach nur eine Auszeit nehmen wollten, war auch das möglich.

Während dieser vier Tage war in allen Räumen und Ecken unseres Gasthauses eine friedliche Ruhe. Einige saßen in Gruppen ums Feuer und lasen in einträchtiger Stille, andere zogen sich zurück auf ihre Zimmer. Gegessen wurde ebenfalls in Stille. Das war besonders lustig, wenn man um den Salzstreuer bat. Der stand dann grundsätzlich am anderen Ende des Tisches.

Dennoch, vollkommene Stille wie in einem Schweigekloster war es nicht. Tagsüber gab es immer wieder Zeiten des Austausches. Da 22 verschiedene Nationalitäten vertreten waren, wurde hauptsächlich Englisch, Französisch und ein wenig Deutsch gesprochen. Diejenigen, die eine der drei Sprachen nicht verstanden, hängten sich Kopfhörer um (ja, umhängen, nicht aufsetzen; siehe Foto). Darüber waren dann Dolmetscher zu hören. Auch ich habe mich zwischendurch als Simultanübersetzer vom Englischen ins Französische versucht. Das ist aber nicht der Rede wert.

Ich will natürlich nicht verschweigen, dass es auch ausgesprochen viel um Religion ging. Das hat mich persönlich nicht all zu sehr angesprochen aber auch keineswegs gestört. Wer also ein bisschen Toleranz und keine Angst vor der Stille hat, sollte die nächste Gelegenheit ruhig einmal nutzen, so etwas mit zu machen.

Ein bisschen Courage braucht man aber auch. Es ist nämlich gar nicht so einfach, den Mund zu halten.

Sonntag, 11. März 2007

Mit Ronja im verlorenen Dorf

Ostfriesischer Besuch vom Mittelmeer in Hauterives!

Ronja, selbst Auricherin, ist zur Zeit in Sète, nahe Montpellier. Vor zwei Wochen durfte ich sie in Hauterives begrüßen. Dabei konnte ich gleich mal den Selbsttest machen, und mich auf Fremdenführertauglichkeit prüfen.

Locker angefangen bei einem durch Sonnenschein unterstützten Besuch bei unserer Lokalattraktion, dem Palais Idéal, begann das Wochenende langsam und entspannend.

Le Palais Idéal

Noch am selben Tag hatten wir uns auf die Suche nach einem Wasserfall gemacht. Geheimtipp. Natürlich kannte ich die Region überhaupt nicht, den Wasserfall suche ich bis heute noch. Aber so muss ich nicht sagen, ich hätte mich verfahren. Ganz im Gegenteil! Wir haben die Gegend erkundet. Und als große Abenteurer haben wir selbstverständlich auch etwas entdeckt... Ein verlorenes Dorf! Eine zerstörte Kapelle am Hang, aus den dachlosen Häusern wuchsen Bäume. Wohnbaracken auf der anderen Seite waren nicht zu erreichen. Zumindest nicht mehr über die große Brücke, wie es vor langer Zeit üblich gewesen sein mag.


Verlorenes Dorf


Am Sonntag haben wir uns in das Herz der französischen Résistance begeben. In die Vercors. Mitten in der Natur gibt es dort ein Museumsmahnmal. Etwas kalt war es schon. Aber Ronja hat dem ganzen auch etwas Schönes abgewinnen können, denn so hatte sie „das erste Mal in diesem Winter ein bisschen Schnee zu sehen bekommen.“

Wenn sie sich beeilt, findet sie im kalten Aurich vielleicht ja auch noch einige vereiste Ecken. Denn ihre Zeit im schönen Sète ist schon fast vorbei. Aber daran möchte sie gar nicht so gerne erinnert werden... ;) Gute Heimreise!

Sonntag, 18. Februar 2007

Fahrradtour

„Wir haben 'ne kleine Fahrradtour gemacht“, sagt Yoann Proteau, „und dabei die Welt erkundet“ könnte er hinzufügen. Denn es stimmt. Zusammen mit seinem Freund
Emmanuel Grossetête hat er eine Weltreise hinter sich. Mehr als 18000 Kilometer haben die beiden zurückgelegt, dabei 20 Länder durchquert -- und zwar per Fahrrad.

Die beiden sind Freunde der Arche. Um ihrer Weltreise einen Sinn zu geben, hatten die beiden sich vorgenommen, möglichst viele Gemeinden der Arche und points-coeur zu besuchen. Nach 16 Monaten sind sie zurück. Hauterives war die zweite Station, nachdem sie damals in der Gemeinde von Myans gestartet waren. Nun sind sie ein zweites Mal zu Besuch, um von ihrer abgeschlossenen Reise zu berichten.

Neben atemberaubenden Landschaftseindrücken haben Yoann und Manu vor allem viel Zwischenmenschliches erlebt. Ob Iran, Türkei, Indien, Argentinien oder Marokko, „die Stimmung im Foyer ist in allen Archen gleich!“ Das freundschaftliche bis familiäre Verhältnis zwischen Assistenten und behinderten Personen ist durch alle Kulturkreise hindurch sehr ähnlich.

Nicht einmal sei man ihnen unfreundlich begegnet. Selbst in den ärmeren Ländern wurden zur Begrüßung Feste gefeiert. Ob auf dem Boden oder am Tisch, zu Essen gab es für die beiden radwandernden Besucher immer genug.

Wer mehr über die détour fraternel von Yoann und Emmanuel erfahren möchte und sich ein bisschen im Französischen zu Recht findet, schaut einmal bei www.detourfraternel.com vorbei.

Freitag, 9. Februar 2007

Schokospende

Die Arche ist zwar keine Organisation für Bedürftige. Trotzdem gibt es viele Freunde, Bekannte, Nachbarn und andere gute Menschen, die immer wieder spenden. Und zwar die unterschiedlichsten Sachen.

Angefangen bei einem netten alten Herrn, der jeden Dienstag seine Tour über den Wochenmarkt macht und uns vorher immer die Tageszeitungen der letzten sieben Tage vorbei bringt. Der Bäcker von gegenüber hat eigentlich einen eigenen Eintrag verdient, da er uns immer wieder Croissants, Schokoladenbrötchen, Kuchen usw zukommen lässt! Vor ein paar Tagen kam eine Frau herein, hatte es relativ eilig und wollte uns nur schnell Konzertkarten überlassen. Die hatte sie gekauft, hat nun aber schon etwas vor an dem Abend. Sympa.

Auch anonyme Spenden sind nicht unüblich. So haben wir schon neue (!) Schuhe und Kleidung original verpackt vor der Tür gefunden. Gläser sind ebenso ein gängiges Geschenk -- denn zumindest in unserem foyer geht immer mal wieder etwas zu Bruch.

Meine Lieblingsspende ist aber immer noch klein, eckig, weich und schmeckt nach Schokolade! Mehrere Male pro Jahr bekommen wir von einem Kloster Unmengen von Kartons gefüllt mit Süßigkeiten, Waffeln, Zwieback. All das haben die gottesfürchtigen Schwestern selbst als Spende erhalten. Anscheinend geht das Zeug nicht so gut weg im Kloster. Auf jeden Fall geben sie immer einen großen Anteil weiter an die Arche. Das Interessante: All diese Produkte sind zwar nicht abgelaufen, aber dennoch unverkäuflich. Bei jedem Karton kann man kleine Produktionsfehler finden. Entweder liegt ein Fehler in der Verpackung vor, oder es wurde eine falsche Rezeptur verwendet -- und das merke ich mit meinen abgestumpften Geschmacksnerven eh nicht.

Montag, 5. Februar 2007

Schöner Schrott

Wenn man gemütlich beim Abendbrot sitzt und auf einmal die Fenster anfangen zu vibrieren, dann ist gerade wieder ein Panzer vorbei gefahren. Seit einigen Tagen fahren französische Panzer mit standesgemäßem Begleitschutz vor unserer Haustür entlang. Ich habe keine Ahnung, woher sie kommen, noch wohin sie der Weg führt.

Sollten sie jedoch auf dem Weg nach St Donat gewesen sein, so habe ich heute einen Kollateralschaden am Straßenrand entdeckt. Vielleicht hat der Besitzer sein Auto auch einfach in das französische Recyclingsystem gegeben. Würde mich nicht wundern, es gibt hier schließlich nicht einmal eine Müllabfuhr.



Sonntag, 4. Februar 2007

Brennblase

Nein, ich habe mir keine Blasenentzündung zugezogen. Es geht also auch weniger um Blasentee als um Alkohol.

Brennblase scheint laut Wikipedia die deutsche Entsprechung für alambic zu sein. Das ist keine Vokabel zum Auswendiglernen. Es reicht, wenn man es für den nächsten Absatz im Gedächtnis behält.

Denn wir haben gestern unsere Leute geschnappt, in den großen roten Bulli gesetzt und sind nach St Désirat
gefahren. Dort gibt es das musée de l'alambic. Eine Schnapsbrennerei die Einblick in ihr Handwerk gewährt. Das Beste: Es war kostenlos. Der perfekte Wochenendausflug für unser immer knapp bei Kasse seiendes foyer.

Die Kostprobe am Ende des Rundgangs schien hingegen nicht kostenfrei zu sein. Ich als Fahrer habe mich gar nicht erst der Versuchung ausgesetzt, die anderen scheinen daran vorbei gelaufen zu sein. Einen leicht alkoholisierten Zustand vermutete ich aber dennoch. Während der gesamten Führung lag ein fast stechender Geruch von Williams Christ in der Luft. Der kam direkt aus den heiligen Stätten der Destillation. Vielleicht sollte ich nochmal gründlich über meine Berufswahl nachdenken.

Samstag, 3. Februar 2007

Je suis kaputt

Die vergangene Woche war etwas kraftraubend. Drei Tage hintereinander musste ich um kurz nach sechs aufstehen, einmal bereits um 7 Uhr 30 in einem anderen département sein. Da ich den Weg ins Bett meistens nicht vor Mitternacht schaffe, konnte ich selbiges nur mit Mühe am nächsten Morgen verlassen.

Ich bin kaputt. Oder um es auf französisch zu sagen: Je suis kaputt.
Sagt sich das? Ja, das ist nicht einmal Umgangssprache! Jeder Franzose sagt und versteht dieses deutsche Wort und gebraucht es genau in diesem Zusammenhang. Sehr praktisch wenn man vor lauter Müdigkeit zunächst kein französisches Wort rausbringt. Jetzt werde ich mich erstmal etwas erholen, denn es ist ja week-end :)

Dienstag, 30. Januar 2007

Zu früh Stück

Letztens erst habe ich wieder gelesen, das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages. Das ließ mich erst einmal an unsere völlig überarbeitete Buchhalterin denken, die morgens rein gar nichts isst, dafür aber vor neun Uhr mindestens schon drei Zigaretten konsumiert hat. Dass das nicht gesund sein kann, sieht man an der bisweilen zitternden Hand, die an einem Becher Kaffee Halt sucht.

Aber auch ich kann morgens nicht mehr richtig essen. Es schmeckt mir nicht. Wenn ich also einen Transport fahre, und dazu um 7 Uhr 30 das Haus verlasse, hatte ich zuvor zwar genügend Zeit, aber keineswegs die Motivation zu frühstücken. Spätestens nach einer halben Stunden Autofahrt nimmt mir mein Magen das übel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Erst ab neun Uhr, ungefähr zu der Zeit, zu der ich wieder im foyer ankomme, ist mein Körper soweit, Essbares zu sich zunehmen. Das bedeutet ausgiebiges Frühstück mit viel Aufschnitt (ein Graus für die zuckersüßen Franzosen), Toast, Kaffee und frisch gepresstem Orangensaft. Ich kann nur froh und dankbar sein, dass ich mich so gut mit meinen Kollegen verstehe. Denn ab 9 Uhr beginnt offiziell die Arbeit.

Mittwoch, 24. Januar 2007

Mein erster französischer Schnee

Mein Auto trägt ein weißes Kondom. Viele mögen sich jetzt fragen: Wieso weiß? Es hat geschneit! Mein erster französischer Schnee ist vom Himmel gefallen. Hauterives sieht mit Schneemütze genau so schön aus, wie ich es mir vorgestellt habe! Eine unserer Personen, Soline, sagte dann heute morgen auch sehr passend: La neige, ça fait jolie décoration du paysageDer Schnee, das ist eine schöne Landschaftsdekoration. Das hat sie wohl besonders gefreut, weil ihr Taxi, das sie zur Arbeit fährt, nicht kommen konnte: 10 Zentimeter Glatteis zwischen Fahrbahn und Reifen. Sicherheit geht nun einmal vor. Und à propos 10 Zentimeter: Das mit der Sicherheit gilt ja auch für Geschlechtsverkehr. Ohne in das Intimleben meines Gefährts eindringen zu wollen, so fragt man sich doch: Seit wann verhüten kleine schwarze Autos?

Dazu müssen wir ersteinmal herausfinden, was Cabriolet auf französisch heißt. Man könnte meinen, das sei schon französisch? Richtig. Nur nennt das keiner so. Man spricht von einem décapotable. Darin steckt das Wort capote, was soviel wie Verdeck heißt. Das Wort hat aber auch noch eine zweite Bedeutung. Denn was bei uns ein Pariser ist, ist entgegen aller Vermutungen kein parisien in Frankreich. Nein.

Verdeck = capote
Kondom = capote

Sonntag, 21. Januar 2007

WSV

Seit dem 10. Januar steht die Abkürzung WSV für Winter-Schluss-Verrückheit. Die sogenannten soldes haben begonnen, und es wird einem schlecht, wenn man dieser Tage einen Laden betritt. Die Franzosen sind fünfmal schlimmer, als ein deutscher Schnäppchenjäger an einem Donnerstagmorgen, kurz nach Ladenöffnung des örtlichen ALDI.

Selbst sonst edel wirkende Läden sind völlig überfordert. Die wahnsinnig gewordene Masse schnetzelt sich mit einer Professionalität durch die Regale und Kleiderständer, dass einem schlecht wird. Die Hälfte der Kleidungsstücke liegt am Boden, weitere fallen herunter und werden von Unheil bringenden Füßen mit Staub bedeckt.

Im Fernsehen werden Aufnahmen gezeigt, wo die wilde Menschenmenge schon um fünf Uhr morgens vor den Geschäften wartet. Tokio-Hotel-Zustände.

Das einzige Lustige bei dem Ganzen: Die Schlange bei den Frauentoiletten ist so lang wie bei einem Volksfest. Aber im Gegensatz zum Festplatz ist hier das Wildpinkeln unpopulär. Ein letztes bisschen zivilisiertes Benehmen haben sie sich also bewahrt, die Franzosen.

Freitag, 19. Januar 2007

Duschobst

Sagt sich das? Natürlich nicht. Auf deutsch fragt man: Sagt man das? Eine von mir häufig gestellte Frage hier in Frankreich. Denn viele Wendungen lassen sich zwar leicht übersetzen. Geläufig sind sie deswegen noch lange nicht. Das beginnt schon bei eben dieser Frage. Auf französisch sagt man: ça se dit? Ist doch auch viel besser! So fragt man das Wort gleich selbst, ob es sich sagt !

Unter diesem Stern möchte ich von nun an mein Zelt der interessanten, lustigen und bisweilen merkwürdigen Phrasen und Vokabeln aufschlagen.

Beginnen wir mit Duschobst.

Eines Morgens, als ich mich mit verschlafenen Augen in die Dusche begab, traf der Wasserstrahl nicht mein Gesicht, sondern nur meine Füße. Der Winkel des Duschkopfes hatte sich verändert. Bei genauerem Hinsehen merkte ich: Der gesamte Duschkopf hatte sich über Nacht gewandelt. Vollmond? Duschkopfwanderung? Frisch geduscht, aber leicht verwirrt ging ich nach unten. Irgendwas stimmt mit der Dusche nicht, tat ich am Frühstückstisch kund. Francis hatte die Antwort: Ich habe heute morgen den Apfel gewechselt. - Ich spreche von der Dusche! - Ich auch, ich habe den Apfel der Badewanne genommen, und ihn in der Dusche angeschraubt.

Man lerne: Duschkopf = pomme

Dienstag, 16. Januar 2007

Montag ist Pillentag

Kennt ihr dieses wunderbare Gefühl, das man beim Zerdrücken von Luftpolsterfolien spürt? Wenn man größer ist und zufällig in einer medizinischen Einrichtung (médico-psy) arbeitet, hört man auf, mit dieser Kinder-Knall-Folie.

Dann drückt man Pillen aus ihrer Verpackung heraus. Welch ein Vergnügen :)

Jeden Montag präpariere ich die Medikamente für die kommende Woche. Noch weiß ich nicht so ganz, was ich dort eigentlich in die kleinen Fächer einsortiere. Mit einigen Pillen sollte man laut Packungsbeilage jedoch das Autofahren unterlassen. Tranquiliser.

[Ich habe übrigens keine Ahnung, wie so eine Box (siehe Foto) auf deutsch heißt. Auf französisch nennt sich das semainier, was sich von der Woche semaine ableitet. Vorschläge per Kommentar erbeten.]

Sonntag, 14. Januar 2007

Frühlingswinter per Auto

Es ist wunderschönes Wetter in der Drôme. Sonnenschein bei 15 Grad Celsius. Man sieht die Chartreuse fast von der Haustür aus, so klar ist der Himmel. Mit Auto und Kamera habe ich nach langer Zeit also mal wieder die Gegend erkundet. Das wäre alles so schön, wenn es nicht einen Haken hätte: 9. Januar. Das riecht nach Frühlingswinter und das wiederum stinkt nach globaler Erwärmung...



[Für alle über vierzig: Auf das Bild klicken, es verbergen sich mehrere dahinter!]

Montag, 8. Januar 2007

Entweihnachtet

Wenn Frauenbeine so einfach zu epilieren wären, wie dieser Weihnachtsbaum! Einmal mit dem Finger über den Ast streichen und danach das nadellose reine Gefühl des puren Holzes genießen ...

Heute war es soweit. Wir haben entweihnachtet. Oder vielmehr Claire. Denn ich habe mir recht schnell und absolut unabsichtlich beim Zerlegen des Weihnachtsbaumes in die Hand gesägt. Darauf hin musste ich mir von Claire anhören, ich sei kein guter Pfadfinder und wurde vom Dienst suspendiert. Dabei stammte die Idee, den Tannenbaum zu Feuerholz zu recyclen, von mir. Unverschämtheit.

Am Ende habe ich mich aber doch noch nützlich gemacht und Claires Kunstwerk "Nachweihnachtszeit" photographisch festgehalten.

In diesem Werk des frühen dritten Jahrtausends finden sich zahlreiche Objekte der sogenannten Vorweihnachtszeit. Der Kontrast entsteht durch die Entweihnachtung des einst glamourösen Geschenkpapiers und den blitzenden (ja, hier geht's!) Weihnachtskugeln, die in ihrer Zerbrochenheit nur noch Trauer widerspiegeln. Die verdörrten Adventskränze zieren das Ensemble wie die Pariser Vorstädte die französische Hauptstadt. Nur das Jesuskind trohnt noch hoch oben über dem Geschehen. Doch seine Hütte war von Anfang an erbärmlich. Status quo: unverändert.

Dennoch, hier ist nicht die Rede von Trauer über den Verlust der Weihnachtszeit. Denn jedem Ende wohnt ein Anfang inne. Ein Neuanfang gar? Wir werden sehen. 2007 sei uns willkommen!

Sonntag, 7. Januar 2007

Ich hab die Bohne!

Das hört sich auf deutsch etwas seltsam an, auf französisch klingt das so: J'ai eu la fève!
Wo habe ich die Bohne also gefunden? In einem Stück Kuchen.

Epiphanias (was ist das?), wird in Frankreich mit einer amüsanten Tradition begangen. Der Suche nach der königlichen Bohne im Kuchen.

Zunächst musste ich mich - da ich der Jüngste bin - unter den Tisch setzen. Um mich herum die sexy Beine meiner Mitbewohner und etwas Reis, den mein lieber Patrick geschickt um sich herum verteilt hatte. Ein paar Zentimeter über meinem Kopf wurde der Blätterteigkuchen der Könige (Dreikönigskuchen heißt das? Danke, Leo.) angeschnitten. Ab da an hörte alles auf mein Kommando! Ich habe einen nach dem anderen beim Namen gerufen, erst dann wurde der Kuchen zugeteilt. Als Unparteiischer habe ich mir selbst natürlich als letzter das Stück zukommen lassen... Danach war vorsichtiges Kauen angesagt, denn zwei von uns sollten schon sehr bald auf ein kleines Stück Keramik beißen - und sich dabei möglichst nicht die Zähne ruinieren.
Mein Stück Kuchen war in dieser Hinsicht sehr zuvorkommend: Ich habe es sofort an der Seite herausblitzen sehen. (Gut, Keramik blitzt nicht, aber einen epischen Versuch war es wert.) Früher war im Kuchen eine Bohne versteckt, heutzutage ist sie von der Industrie durch kleine Figuren aus Plastik oder Keramik ersetzt. Wie dem auch sei, wenn man sie findet ruft man: J'ai eu la fève!

Soline neben mir hatte ebenfalls etwas in ihrem Kuchen. Somit wurden wir beiden zu Königin und König gekrönt! Ich habe mich gleich rückversichert, ob das irgendwelche Verpflichtungen mit sich zieht, aber zum Glück war dem nicht so.

Nicht einmal den Abwasch musste ich machen.

[Falls übrigens jemand erklären kann, wie diese Tradition entstanden ist, der möge mir Bescheid geben. Ich war zu schlapp und faul, es heute noch zu recherchieren und die Franzosen waren da niedlicher Weise etwas überfragt.]